
Liebe Leserin, lieber Leser,
ist Lipödem wirklich ein Familienthema?
Ich sage: „Ja, öfter als man denkt!“
Annette
Bloggerin
Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl, das ich damals hatte: Etwas stimmte nicht mit meinem Körper – aber ich wusste nicht, was. Meine Beine wurden dicker, schmerzten, fühlten sich schwer an. Zwei Kleidergrößen Unterschied zwischen Ober- und Unterkörper. Trotz gesunder Ernährung, Sport, Disziplin: keine Veränderung – nur Frust, Tränen und Selbstzweifel.
Dann sagte eine Freundin zu mir: „Geh mal zum Arzt – das klingt nach Lipödem.“ Und ich tat es. Ohne viel nachzudenken. Irgendetwas in mir wollte Klarheit.
Die Diagnose: Lipödem Stadium 2, Typ 3. So sehr mich das Wort „Krankheit“ erschreckte – ich war erleichtert. Erleichtert, weil ich endlich wusste: „Ich bin nicht selbst schuld.“
Nach der Diagnose sprach ich mit meiner Mama, die Schmerzen, schwere Beine und ständige blaue Flecken als jahrzehntelange Begleiter kannte. Doch ihre Beschwerden waren viel stärker als meine. Ihre Sorge vor der Diagnose war groß.
Aber durch meinen Schritt fand auch sie den Mut zur Diagnostik. Die Diagnose lautete Lipödem Stadium 2, Typ 4. Auch meine Omas litten schon als junge Frauen unter diesen Symptomen. Doch niemals diagnostiziert, haben sie heute starke Beschwerden wie Wasser in den Beinen, Mobilitätsprobleme, Schmerzen und Übergewicht.
Das Schlimme an Lipödem: Sichtbar – und doch wird man oft belächelt, missverstanden, gemobbt.
‚Du musst halt abnehmen.‘
‚Stell dich nicht so an.‘
Sätze, die brennen.
Meine Mama und ich beschlossen, den Weg der Liposuktion zu gehen – jede auf ihre Weise – mit gegenseitiger Unterstützung!
Ich hatte drei Operationen unter örtlicher Betäubung – Beine und Gesäß. Meine Mama zwei unter Vollnarkose. Beine, Gesäß und Rücken. Der Ablauf war ähnlich – die Art der Betäubung machte jedoch einen Unterschied. Bei Vollnarkose kann eine größere Menge Fett entnommen werden als mit lokaler Betäubung. Allerdings sind die Kosten der Operationen auch ein Faktor. Vollnarkose ist meist teurer als örtliche Betäubung. Obwohl angeblich seit Jahren bei den Krankenkassen in der Diskussion, eine Liposuktion ab Stufe 2 zu bezahlen, gibt es für die Betroffenen leider noch keinen positiven Bescheid. Momentan zahlen die Kassen diese Operation erst ab Stufe 3 (und das auch nicht immer), was auch seitens der Ärzte auf absolutes Unverständnis stößt. Für mich bedeutete dies in der Konsequenz leider viel Geld von meinem Ersparten in die Hand zu nehmen.
Er war schmerzhaft. Beine, die „suppen“ – also Wundflüssigkeit, die austritt. Offene Stellen. Nächte voller Schmerzen. Dauer Kompression über die ersten Wochen. Schwarze Blutergüsse. Berührungsschmerzen. Fieber. Erschöpfung. Enormer Hormon-Wechsel durch die Entnahme des krankhaften Fettgewebes mit eingelagertem Östrogen.
Und trotzdem: Licht am Horizont – Hoffnung.
Wir haben uns gegenseitig durch jede Phase getragen, uns motiviert, gestützt und verstanden. Wir wussten: Niemand versteht die Schmerzen einer Liposuktion so wie jemand, der es selbst erlebt. Heute blicken wir zurück und sehen nicht nur das Leid – sondern vor allem das, was wir gewonnen haben: Leichtigkeit. Bewegungsfreiheit. Lebensfreude. Wir wandern, passen wieder in längst abgeschriebene Hosen und sind stolz auf uns, diesen Weg gegangen zu sein. Wir würden ihn wieder gehen.
Ich teile meine Geschichte (auch auf Instagram unter @lipoaloemama) nicht, um Mitleid zu bekommen, sondern, weil ich weiß, wie sich Hilflosigkeit anfühlt und wie einsam dieser Weg sein kann – wenn niemand wirklich versteht, was in dir vorgeht. Ich begleite heute Frauen auf ihrem Weg mit Lipödem. Nicht nur mit Fachwissen, sondern mit Herz, Erfahrung und ehrlicher Verbundenheit. Denn ich war da, wo du vielleicht gerade stehst.
Und ich verspreche dir:
Es gibt einen Weg hinaus.
Und du musst ihn nicht alleine gehen.
Eure
Annette
Beitrag teilen
© 2025 deinestarkeseite.de